Spotlight (2015)

Es sind nicht die besten Voraussetzungen für einen Filmabend, wenn man in der Nacht zuvor nur knapp fünf Stunden geschlafen hat und der Arbeitstag richtig anstrengend war. Immerhin haben wir es schon um 20 Uhr aufs Sofa geschafft, doch so richtig viel Hoffnung hatte ich nicht „Spotlight“ komplett zu sehen. Gut zwei Stunden später war ich immer noch wach und hatte nicht einmal mit dem Schlaf zu kämpfen. Es sind die kleinen Freuden…

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Nach meiner Sichtung von „The Newsroom“ hatte ich weiterhin Lust auf idealistischen Journalismus. Welcher Film wäre also besser geeignet als Tom McCarthys 2016er Oscar-Gewinner? Von seiner Atmosphäre und Erzählstruktur hat mich „Spotlight“ allerdings eher an David Fincher „Zodiac“ erinnert, nur dass hier das Ergebnis der Recherchen befriedigender war. In beiden Fällen war der Ausgang er Ermittlungen im Vorfeld bekannt und doch entwickelt die Geschichte solch einen Sog, dass ich mich ihr nicht entziehen konnte. Schauspieler, Ausstattung und Inszenierung – alles wird dem Drehbuch untergeordnet und trägt somit als Einheit zur Geschichte bei.

McCarthys Film bietet weder Action, noch Sex oder Gewalt. Selbst die Verbrechen werden nur andeutungsweise wiedergegeben. Die Nachwirkungen und emotionalen Narben der Opfer stehen im Mittelpunkt und mit ihnen die unglaubliche Tragweite des Missbrauchsskandals. Je weiter sich die investigativen Journalisten rund um Walter Robinson (Michael Keaton) vorantasten, desto unfassbarer ist das Level der Vertuschung – nicht nur für die Charaktere, sondern auch speziell für uns Zuschauer. Dabei sind nicht immer alle Bilder subtil (z.B. die vorbeiradelnden Kinder), doch sie bleiben stets wirkungsvoll.

„Spotlight“ ist in bester Art und Weise klassisch erzählt und versucht nicht aus dem brisanten Fall eine Sensationsgeschichte zu machen. Er zeigt die, natürlich dramatisch aufbereiteten, Fakten auf und stellt uns die Personen vor, die bei der Aufdeckung des Skandals beteiligt waren. Dies sind die wahren Helden – und das ganz ohne Cape und Strümpfe. Diese Mischung funktioniert für mich ausgezeichnet und mir wird der Film noch länger im Gedächtnis bleiben. Klassisches, großes Kino: 9/10 Punkte.

18 Gedanken zu “Spotlight (2015)

  1. Genauso habe ich den Film auch empfunden, war damals mit einer Freundin im Kino und man hat an der Stimmung danach gemerkt, dass wir beide von dem Film sehr mitgerissen wurden. Auch wenn vielleicht an der einen oder anderen Stelle etwas überdramatisiert wurde, war er im Großen und Ganzen sehr bewegend und hat nochmal Aufmerksamkeit auf dieses wichtige Thema gelenkt.

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    • Ja, völlig richtig. Schon alleine aufgrund seiner Thematik freut es mich, dass dieser Film den Oscar gewinnen hat. Man hätte auch gut eine Miniserie daraus machen können, um der Geschichte noch ein wenig mehr Raum zu geben.

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  2. Ich hatte letztens mit der Freundin geredet, die ich in Boston besucht habe während sie dort Aupair war und meinte, dass ich seit dem Film Boston nur noch mit drei Dingen verbinde: Kinder vergewaltigende Priester, Boondock Saints und Boston Legal.
    Ich fand den Film aber in seiner Schlichtheit und Fokus auf die Journalistenarbeit sehr wichtig. Ich habe vor der Arbeit nämlich sehr viel Respekt und finde sie verdient viel Aufmerksamkeit und mehr Anerkennung.

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    • Oh, da spricht dann wohl nicht gerade für Boston. Ich habe ein paar Kollegen, die in der Region wohnen, weshalb es bei mir glücklicherweise noch eine andere Perspektive gibt… 🙂

      Was du schreibst ist ein wichtiger Punkt: Das ist wichtige Arbeit. Und es wird immer schwieriger dafür Ressourcen zu bekommen, weil nur noch die Auflage zählt bzw. inzwischen nur noch Klickzahlen. Für mich sind das echt Helden, auch die Chefredakteure, die für solche Themen kämpfen.

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  3. Pingback: Review: Spotlight (Film) | Medienjournal

  4. Das klingt nach einem Film, der mich auf jeden Fall ziemlich mitnehmen würde, aber auch nach einem, den man unbedingt einmal gesehen haben sollte. Immerhin die Filmblogger, die sich ja stellenweise auch ein wenig im journalistischen Bereich bewegen, wenn auch mit anderen Themen.

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    • Ja, es ist ein wichtiger Film, der einen Scheinwerfer (huh, welch innovatives Bild an dieser Stelle) auf einen der wichtigsten Jobs lenkt. Das sind die wahren Helden und ich habe großen Respekt vor diesem Berufszweig, auch wenn er wohl leider immer mehr am Aussterben ist…

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  5. Pingback: Media Monday #276 | Tonight is gonna be a large one.

  6. Stimme ich nicht ganz zu. Ein ordentlicher, guter Film, aber mal wieder einer dieser (bei den Oscars immer präsenten) Fälle, bei denen man sich fragt, weshalb für diese Geschichte nun das Medium Spielfilm gewählt wurde, wenn die Darstellung so gar nichts cineastisch Zwingendes an sich hat. Mit anderen Worten: Das war mir alles ein bisschen zu flach, zu oberflächlich, zu wenig visuell, zu wenig mitreißend. Was halt besonders dann ins Auge fällt, wenn der Film bei den Oscars gegen eine Riege mit „The Revenant“, „The Big Short“, „Room“, „Mad Max: Fury Road“ konkurriert; alles Filme, die das Medium zum Vorteil der Story nutzen. Das tut „Spotlight“ m.E. kaum, und bleibt deshalb auch nach einem halben Jahr nicht wirklich im Gedächtnis – ganz im Gegensatz zu der erwähnten Konkurrenz.

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    • Sicher hätte die Geschichte auch als Miniserie funktioniert, doch fand ich das Medium Film auch durchaus passend. Von den anderen nominierten hatte ich nur „Mad Max: Fury Road“ gesehen und auch wenn dieser visuell aufregender war (gar keine Frage), so ist mir dieser doch deutlich weniger im Gedächtnis geblieben als „Spotlight“. Hier haben mich Drehbuch, Geschichte und Schauspieler so sehr überzeugt, dass ich gar keine sonderlich ausgefallene Inszenierung vermisst habe (und ich mochte die klassische Inszenierung sehr). Mal sehen, ob ich am Wochenende endlich zu „The Revenant“ komme und ob dies meine Meinung ändert… 🙂

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